zur Erinnerung

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Konrad Friedrich Wolf * 20. Oktober 1925 in Hechingen, Hohenzollernsche Lande;
† 07. März 1982 in Ost-Berlin
( 56 Jahre)
Drehbuchautor, Regisseur

Einer der wichtigsten Regisseure der DEFA. Mit Filmen wie STERNE (1959), DER GETEILTE HIMMEL (1964), ICH WAR NEUNZEHN (1967) und SOLO SUNNY (1978/79), die die jĂĽngste deutsche Vergangenheit und Gegenwart auf die Leinwand bringen, wird er nicht nur national, sondern auch international ein anerkannter KĂĽnstler.

Seine filmische Sicht auf Deutschland ist geprägt durch seine Geschichte: Als Achtjähriger emigriert er mit seiner Familie nach Moskau, als 19-Jähriger kehrt er in der Uniform der Roten Armee zurück. Als späterer Regisseur und Kulturfunktionär weicht er zwar nicht ab von seinen kommunistischen Idealen, blickt aber immer fragend auf die Welt, versteckt sich nicht hinter Dogmen und Prinzipien.

Renate Krößner in SOLO SUNNY (R: Konrad Wolf, 1978/79)
Fotograf: Dieter LĂĽck

Jaecki Schwarz und Wassili Liwanow in ICH WAR NEUNZEHN (R: Konrad Wolf, 1967)
Fotograf: Werner Bergmann

Zur Familie gehört der zwei Jahre ältere Bruder Markus Wolf. 1927 zieht die Familie nach Stuttgart, wo die beiden Söhne in der Reformschule von Friedrich Schieker eingeschult werden. Konrad Wolf wird Jung-Pionier. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Januar 1933 verlässt Friedrich Wolf Deutschland und geht über Österreich und die Schweiz ins französische Exil. Im Sommer 1933 folgt der Rest der Familie dem Vater, im Frühling 1934 siedelt sie gemeinsam nach Moskau.

1936 wird er sowjetischer StaatsbĂĽrger und Mitglied der Pionierorganisation.

Im Februar 1952 nimmt Konrad Wolf die Staatsbürgerschaft der DDR an und wird im selben Jahr Mitglied der SED. Im März 1953 beginnt er ein Regie-Praktikum.

Im März 1959 wird der Film STERNE (1959) uraufgeführt. Erzählt wird von drei Tagen in einer bulgarischen Stadt, wo 1943 griechische Juden Zwischenstation auf ihrem Weg ins Vernichtungslager Auschwitz machen.

Der Wehrmachts-Unteroffizier Walter (Jürgen Frohriep) trifft auf die Jüdin Ruth, beide verlieben sich ineinander. Walter gerät in Konflikt mit seinen Vorgesetzten und Freunden.

Doch er kann den Transport ins Vernichtungslager nicht verhindern.

Der Film wird mehrfach ausgezeichnet, unter anderem 1959 mit einem Sonderpreis der Jury auf dem Internationalen Filmfestival in Cannes. Hier konnte der Film allerdings nur als bulgarische Produktion laufen. Vertreter Westdeutschlands protestierten erfolgreich gegen den Start eines Films aus einem von ihnen nicht anerkanntem Land. In Bulgarien dagegen wurde der Film zunächst nicht zugelassen, weil er ein zu positives Bild der Deutschen zeichnen würde.

Die Premiere des nächsten Films von Konrad Wolf wird abgesagt. SONNENSUCHER (1958) blickt auf Arbeiter und Funktionäre im Uranbergbau der Wismut um 1950.

Alle Beteiligten - deutsche Kommunisten, Arbeiter, Frauen sowie sowjetische Offiziere - sind hier überaus menschlich dargestellt. Die Premiere von SONNENSUCHER (1958) wird zunächst hinausgezögert, dann Ende 1959 angekündigt und im letzten Moment doch aufgrund eines Einspruchs des sowjetischen Botschafters wieder abgesagt. Der Film wird von den Verantwortlichen abgelehnt, da ihnen das Bild auf die Konflikte zwischen Deutschen und Russen, Antifaschisten und ehemaligen Nazis, Männer und Frauen auf der Suche nach etwas Liebe und Glück nicht passt. Erst 1972 kommt er in die Kinos.

ICH WAR NEUNZEHN (1967) trägt autobiographische Züge; es ist der persönlichste Film des Regisseurs. Erzählt wird vom emigrierten Gregor Hecker ( Jaecki Schwarz), der als Soldat der Roten Armee seine Heimat Deutschland und die Deutschen zwischen dem 16. April und dem 3. Mai 1945 auf dem Weg von der Oder bis zu einem westlich von Berlin gelegenem Ort entdeckt.

Ohne Pathos, Idealisierung und Sentimentalität schildert der Film die Schrecken des Krieges. Der sehr persönliche, authentische und aufrichtige Film wird auch wegen der starken emotionalen Ausstrahlung des Hauptdarstellers ein großer Erfolg im In- und Ausland.

Auf dem 11. Plenum des Zentralkomitees der SED verteidigt er Filme wie SPUR DER STEINE (1966) von Frank Beyer.

Konrad Wolfs letzter Film war zugleich sein erfolgreichster. "Solo Sunny" wurde 1980 bei zahlreichen Festivals ausgezeichnet – auch bei der Berlinale. Die Geschichte der jungen Sängerin, die in einem Abrisshaus wohnt, beruflich scheitert, aber wieder neu anfängt, sprach das Publikum an. Die Brisanz, die der Film für die DDR hatte, erklärte Konrad Wolf 1980 in der SFB-Sendung "Gespräch in Drei": "Wir haben den Film gemacht, weil in der Realität das Verhältnis zu diesen sogenannten Außenseitern, dieser Subkultur – manche meinen sogar, es wäre eine asoziale Welt – unserer Meinung nach noch sehr widerspruchsvoll ist."

"Ich bekenne mich dazu, dass ich vielleicht ein Privileg habe"

Die BrĂĽder Konrad und Markus mit ihrem Vater Friedrich Wolf (v. li. n. re.) |
Bild: dpa/akg-images

Konrad Wolf privat
Bild: dpa/akg-Binder

Einen solchen Film in einem Land zu drehen, in dem Individualismus nur gestattet war, wenn er nicht der verordneten Staatsdoktrin zuwiderlief, war mutig. Doch Konrad Wolf konnte es sich leisten. Er war Präsident der Akademie der Künste und durch seinen Bruder Markus Wolf, der die Auslandsspionage der DDR leitete, zusätzlich geschützt. "Ich bekenne mich dazu, dass ich vielleicht auch ein Privileg habe. Es kommt aber darauf an, was ich mit dem Privileg mache", sagte Wolf einmal.

Seine politische Ăśberzeugung hat ihn nie dazu verleitet, flache Propagandakunst zu machen. Er starb 1982 mit 56 Jahren an Krebs. Seine Filme sind heute Klassiker.


© infos-sachsen / letzte Änderung: - 17.07.2023 - 09:04